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Dietmar Wischmeyer

Nachschlagewerke

(Harmlose Freuden der Menschen, Teil 1)

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.

Der Teutone an sich ist gern brachial, so nennt er auch, was dem Lateiner schlicht ein Lexikon, also ein Wörterbuch ist, Nachschlagewerk. Von definitorischer Faust darnieder gestreckt, liegen darin die toten Begriffe aufgebahrt. Zu allem und jedem gibt's was nachzuschlagen. Da ist das Rocklexikon, hier das Wörterbuch der bayrischen Geschlechtskrankheiten. Wem nach universellen Bescheidwissen dürstet, für den hält der Handel Brockhaus und Meyer bereit, bekannt geworden hauptsächlich durch die enzyklopädischen Ratenzahlungen.

Bescheidener geht's im Telefonbuch zu, dem Nachschlagewerk des Mittelschülers. Doch ob Hundelexikon, ob Rechtschreibduden, der erste Akt am just erstandenen Werk ist bei allen der gleiche. Lüstern blättert der Teutone bis zum Buchstaben "F" und schaut nach, na was wohl, ob das Wort "ficken" auch ordnungsgemäß vermerkt wurde.

Grinsend liest er laut der Gattin vor, wenn der prüde Duden schreibt: Verb für koitieren. Nühühaha, was sind das doch für kleine Schweinchen, da unten in Mannheim. Sabbernd stellt sich unser Freund das kleine Dudenmäuschen vor, das den Eintrag "ficken" ins Glossar eintippte, und nur der jähe Blick auf die dumpfe Gattin bremst die Spontanerektion. Noch finsterer wird's, wenn bei Erscheinen des neuen "Örtlichen" begierig nach den armen Schweinen gefahndet wird, die ein Leben lang den üblen Namen tragen müssen. Und findet sich gar ein "Ficker, Herbert, Birkenweg 8", den man unbekannterweise hämisch bedauern kann, so wird noch hinter jedem "Eickmeier" übles Gelichter vermutet, das sich den unteren Strich am großen E für viel Geld gekauft haben muss.

Selbst das dröge lateinische Taschenwörterbuch entgeht nicht der gründelnden Suche nach dem Zauberwort des wohligen Erschauerns. Doch, ach und weh, was müssen wir da entdecken, zwischen "Fichtenwald" und "Fieber"? Nichts, ein gähnendes Nichts. Langenscheidt, Du feiger Verräter! Eilig wird nach dem guten alten Dierke Atlas gefingert, wieder nichts! Tote Hose zwischen "Fichtengebirge" und "Fidschi-Inseln", das gibt's doch nicht! Irgendwo auf der Welt wird's doch wenigstens ein halbwegs versautes Kaff geben! Gott sei dank, "Fickburg" in Südafrika, im Index schamhaft verschwiegen.

Was sagt denn der Brockhaus, die zugeknöpfte Sau? "Fichtel&Sachs AG", "Fichtennadelextrakt", aha! Haha ! "ficken: mittelhochdeutsch ficken", soso,"ich ficke", nühühaha. "1. oberdeutsch: fahre hin und her", wie bitte ?!? "2. peitsche, züchtige", nun ja, wenns passt,"3. stecke in die Tasche", Blödsinn!, "4. habe Geschlechtsverkehr", na also, warum nicht gleich so? Auf die Standardwerke ist eben noch Verlass. In jedem billigen Pornoblatt am Kiosk kann der normale Bekloppte das Wort der Begierde tausendfach für wenig Geld in sich aufsaugen. Doch nichts gleicht der Lust, einen "Konrad Ficker" im Telefonbuch entlarvt zu haben, oder die zugeknöpften Rechthaber der Dudenredaktion beim Blick in den Schritt zu überraschen.

(abgetippt von Thomas Bunz)