Ronald Bieber's Home on the Web

Dietmar Wischmeyer

Mütter sind wieder unterwegs

Da schieben sie wieder. Frauen undefinierbaren Alters, die stolz die Früchte ihrer winterlichen Gebährfreudigkeit im Ozonloch präsentieren. In diesen nervzerreißend quietschenden Karren mit der winzigen Hartgummibereifung hockt sabbernd der Balg und stopft sich die mühsam aufgesammelte Hundescheiße in den zahnlosen Rachen. Während Mami die frühkindliche Eierfeile gnadenlos über die Rüttelstrecke orgelt.

Mütter sind wieder unterwegs.

Von außen erstens leicht zu erkennen am Kind, oder noch leichter an der faserigen Umstandsbekleidung, die noch Jahrzehnte nach dem Abitur der abgenabelten Brut um die Hüften schlackert.

Mütter sind wieder unterwegs.

Sie lauern in den Straßen mit den Bodenwellen und den Blumenkübeln. Sie wohnen in den Sackgassensiedlungen mit den Herzchen an der Straße: Hier spielen Kinder.

Na und? Wahrscheinlich foltern die süßen Rangen gerade den Nachbarsjungen. Aber nein, unser kleiner Michelle-Patric doch nicht. Wenn die kleinen Teufel noch ganz winzig sind, dann klebt Mami den Aufkleber an das Heckfenster des Kombis: Achtung, Baby an Bord. Von allen oberdämlichen Idiotenaufklebern ist dieser der mit Abstand bekloppteste. Wieso Achtung? Welche Gefahr lauert denn auf der Rückbank des Vorausfahrenden? Wirft der frisch entbundene Säugling lustig Reißnägel auf die Fahrbahn? Werden gefüllte Papierwindeln während der Fahrt ausgeklingt? Und wieso vor allem an Bord? Ist es doch wohl der hochstaplerische Begriff schlechthin, die mit Klaus Hipp Ausscheidung verschmierte Fahrgastzelle eines sogenannten Familienautos mit dem Promenadendeck eines Ozeanriesens z. B. zu vergleichen.

Am schlimmsten ist jedoch der Geist, der hinter diesem überflüssigem Machwerk steht. Sagt er doch nichts anderes als: "Hör' mal, du unfruchtbare Sau. Hier fährt eine brave deutsche Familie, die deine Rente zusammenkopuliert hat." Na bravo.

Mütter sind wieder unterwegs.

Zuhause erkennt man das stolze Mutterglück am Klingelschild an der Eingangstür. Es ist aus eingetrockneter Knetmasse in schreibunten Plastikfarben, und darauf steht: Hier wohnen Jens-Dennis, Petra-Jaqueline, Karl-Heinz und Gabi. Dabei handelt es sich nicht um die konspirative Wohnung einer verkifften Studentenkommune, die dem "Schweinesystem" nicht ihre Nachnamen verraten wollen, sondern um eine kreuzbrave Kleinfamilie mit einem Kind. Das andere wurde schon mal sicherheitshalber in Knete gemeißelt.

Wer weiß, wann die VHS wieder den entsprechenden Kurs anbietet. Ja, und der Nachname Bigmann-Stepphuttat passte nicht mehr neben die Tür.

Mütter sind wieder unterwegs.

Das Frühjahr ist ihre Zeit. Alles kreist und laicht. Wehe dem, der unfortgepflanzt mit einem Buch durch den Stadtpark schleicht. Asoziales Schwein.

(abgetippt von Harald von Aschen)