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Dietmar Wischmeyer

Karneval in Köln

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.

Die Hölle auf Erden hat einen Namen, Karneval in Köln. Als Norddeutscher durch widrige Umstände in die frohsinnverseuchte Kloake gespült, schreit und fleht man nach der heiteren Gelassenheit niedersächsischen Beerdigungen, dem gezügelten Amüsement einer Leichenöffnung in Visselhövede, der zuckenden Würde eines Berges gekeulter Mastschweine in Vechta. Den was an den tollen Tagen in der Hauptstadt der Bekloppten und Bescheuerten geschieht, könnte nicht fremder sein als die Kastrationswochen in Burundi oder der Winterschlussverkauf in Ouagadougou. Tausende sogenannter Jecken fluten ihre bemalten Zombiehüllen mit obergärigem Schankbier, das rüpelige Urinkellner durch die prallgefüllten Gaststuben schwenken. Da dieses Gebräu außer Harndrang keine körperlichen Reaktionen hervorruft, muss sich der User anderweitig in Verzückung setzen. Probates Mittel ist das grölen dämlicher Absichtsbekundungen, wie zum Beispiel: "Mer lasse den Dom in Kölle, den da jehört er hin". Was in diesen harmlosen Zeilen mitschwingt, ist nichts anderes als die nackte Angst, der rechtmäßige Besitzer könnte den Dom wieder abholen. Hätte nicht die preußischen Besatzungsmacht im 19 Jahrhundert den Dom nach über 600 Jahren endlich fertiggestellt, die Pappnasenfritzen würden immer noch auf eine Baustelle glotzen. Konrad Adenauer war es, der Preußen zerschlug, um den Dom endlich für seine Heimatstadt zu sichern. Doch die Angst bleibt. Betäubt nur durch die jährlichen Pseudosaturnalien, bei denen frierende Schnapsleichen durch die Straßen torkeln, in die Kaufhauseingänge urinieren und einander Papierschlangen an die Geschlechtsteile blasen. Kölner Karneval, so grausam kann Fröhlichkeit sein. Lachend geht die Welt zugrunde, wieviel Wahrheit steckt doch in diesem Satz. Was müssen das für Menschen sein, die Stolz in der Fremde erzählen, bei ihnen in Kölle - Hurra, Hurra - da sei man schweinelustig und nicht so ein Haufen grummelnder Selbstmordgefährdeter, wie in Norddeutschland. Nun zeugt ja die ständige Bereitschaft zum Selbstmord von einer gewissen realistischen Sicht der Dinge. Grundlose Fröhlichkeit hat eo ipso etwas blödes. Frohsinn als durchgeknallte Wehrsportübung wie in Köln etwas extrem unverständliches. Es ist als würde ein Kölner, wenn er von den karnevalistischen Vorzügen seiner Stadt berichtet, erzählen: "Hurra, Hurra wir sind so doof, einmal im Jahr können wir's vor Schmerz nicht mehr aushalten, dann müssen wir es in die Welt hinausschreien." Ja, wer hätte da kein Verständnis. Ansonsten habe ich mir schon immer lieber die Militärparade zum Jahrestag der Oktoberrevolution auf dem Roten Platz in Moskau angeschaut, als den Kölner Karnevalsumzug. Jaja die Sowjets, die haben wenigstens Humor!

(*ns*)