Ronald Bieber's Home on the Web

Dietmar Wischmeyer

Die Bekloppten

Meine Name ist Dietmar Wischmeyer und dies ist das Logbuch einer Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten. Hier ist mein Bericht.

[Bahnhofsgeräusch eines ankommenden Zuges]
Bahnhofssprecher: Achtung hier ist Bielefeld Hauptbahnhof, Bielefeld Hauptbahnhof. Auf Gleis 4 Bitte einsteigen. Der... Schnellzug aus... bleibt... Moment...
Wischmeyer: Wie Moment? Wer bleibt wo und warum? Man fasst es nicht, die Bekloppten haben sogar die Herrschaft über die Bahnhofslautsprecher erlangt. Gibt es noch irgend einen Bereich den sie nicht erobert haben? Ich fürchte nein.
'Dumm fickt gut' weiß der Volksmund und hat damit den einzigen gesellschaftlichen Vorteil der intellektuellen Minderleistung vollständig beschrieben. Wer jemals außerhalb des Geschlechtsverkehrzusammenhanges mit Bekloppten und Bescheuerten zu tun hatte weiß, dass die Figuren mit der spiegelglatten Großhirnrinde eine wahre Landplage sind. Der Bekloppte glaubt bedingungslos an sich selbst. Was Wunder, er kennt ja auch niemanden sonst. In unserer Gesellschaft wird die Dummheit am meisten gepäppelt durch die Meinungsumfrage. Sie gibt dem Haufen Großhirnscheiße ständig das Gefühl, seine unqualifizierte reaktionäre Blödmannmeinung sei tatsächlich von Interesse. Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, gehen Politik, Radio und Fernsehen noch einen Schritt weiter. Sie richten sich nach dem abgefragten Dreck. Die Glotze rülpst 24 Stunden am Tag schleimigen Abfall in die Wohnzimmer, weil die Doofen sich das tatsächlich gern angucken beim Eierkratzen. Im Radio läuft nur noch Betäubungslala für frischoperierte Laborratten, weil die Idioten sonst beim Autofahren einen Schreck kriegen. Doofheit hat die totale Herrschaft übernommen. Kein Automodell wird mehr auf den Markt gebracht, ohne bei den Behämmerten nachzufragen, in welcher Knuddelkiste sie den gern die Sitze vollfurzen mögen. Jede Zeitung veröffentlicht täglich, was sich Freund Affenhirn den so alles zur Welt zusammenreimt. Ob er Scharpings Brille hässlich findet, ob sich Schäuble mal einen schickeren Rollstuhl besorgen sollte und ähnlich weltbewegende Dinge mehr.
Der Bekloppte glaubt fest daran, dass alles seine Richtigkeit hat. Tschernobyl ist auseinandergeflogen - wer weiß wofür's gut ist? Hinter allem vermutet er eine geheimnisvolle Schicksalsmacht, da er sich die Welt als Ergebnis gedanklicher Vorarbeit nicht vorstellen kann.
Gern raucht und säuft der Doofmann auch viel. Ja wer weiß, vielleicht gehe ich ja garnicht tot, hihihi. Die Gehirntätigkeit bleibt darauf beschränkt, die Körperorgane in ihrer Funktion zu überprüfen. Rastet die Rosette noch ein, ist der Urinstrahl gebündelt, der Stuhl 1a geformt? Na prima, dann ist ja alles gut. Auch im privaten Umgang sind die doofen Torknasen(?) ein Quell ewiger Freude. Sie können sich nicht vorstellen, dass es ein Leben jenseits ihres Gesichtskreises gibt. Sie reißen Zimmertüren auf und fangen sofort an laut zu quasseln, weil sie nicht begreifen können, dass hinter der Tür auch schon Leben existierte bevor sie ihren Organträger durch die Zarge schoben. Ständig unterbrechen sie andere bei ihrem Tun und Schaffen und erzählen Anektoden aus ihrem vergeigten Leben aus zweiter Hand. Wo gibt es in unserer Gesellschaft...
Bekloppter: Hörmma Spozzfreund, Komm zum Ende!
Wischmeyer: ...Es gibt kein entrinnen, sie sind überall. Mal hören wie weit bei unserem Freund die Überlegungen zur Information der Bahnreisenden gediehen sind.
Bahnhofssprecher: ...der Schnellzug nach Dresden fährt nach kurzem Aufenthalt weiter nach Köln ...
[Rest unverständlich]
Wischmeyer: Wenn man's nicht mit eigenen Ohren gehört hätte. Der Schnellzug nach Dresden fährt weiter nach kurzem Aufenthalt nach Köln - spontaner Sinneswandel auf Gleis 4. Was soll's, wir müssen mit wohin uns die Reise auch führt.
Läuft die Anlage Chef?
Heizer: Anlage läuft!
Wischmeyer: Dann schmeiß' die Kohlen auf den Rost, Alter! Auf gehts ins Land der Bekloppten und Bescheuerten.
[Geräusch einer abfahrenden Dampflok]

(*ns*)